Bedeutende Geschichtsschreiber der Menschheitsgeschichte

Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist sicherlich eine wesentliche Grundvoraussetzung für jede menschliche Zivilisation. Vielerorts und lange Zeit erfolgte diese jedoch nur im mündlichen Austausch und in Gestalt tradierter Formen. Die erste Geschichtsschreibung wurde dann in China vor mehr als 3000 Jahren entwickelt. Als Väter der Historiografie gelten jedoch gemeinhin die Griechen Herodot und Thukydides, die jedoch erst im 5. Jahrhundert v. Chr. wirkten. Diese Sichtweise geht auf die eurozentrische oder westliche Geschichtsschreibung zurück, die sich in den nachfolgenden Jahrhunderten etwa durch Gaius Julius Caesar und Cornelius Tacitus entwickelte. So blieben die Leistungen des chinesischen Historikers Sima Guang aus dem 11. Jahrhundert der westlichen Fachwelt lange Zeit verborgen. Denn diese konzentrierte sich für jene Epoche mehr auf das Werk des geistlichen Geschichtsschreibers Otto von Freising, der unter dem Eindruck der Kreuzzüge Geschichte als religiöse Legitimationserzählung verfasste.

Die Vermischung von Religion und Geschichtsschreibung, die sich auch lange Zeit in der arabisch-islamischen Welt findet, wurde im Zuge der Entwicklung einer historischen Wissenschaft im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts immer mehr aufgegeben. Mit Historikern wie Leopold von Ranke, Johann Gustav Bernhard Droysen, Theodor Mommsen oder Heinrich Gotthard von Treitschke setzte sich im 19. Jahrhundert der Historismus als wissenschaftliche Methode der Geschichtsschreibung durch, der im Zuge der deutschen Reichsgründung ab 1870 abermals die Funktion einer Legitimationserzählung annahm - diesmal jedoch nicht mehr im religiösen, sondern im säkularen und vor allem nationalistischen Sinne. Seither gilt Geschichtsschreibung immer auch als von der Ideologie und Politik heftig umkämpftes wissenschaftliches Terrain, und dies umso mehr, je näher der historische Untersuchungszeitraum der jeweiligen Gegenwart liegt. Mit dem Namen des Leipziger Historikers Karl Lamprecht verband sich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine der ersten fachinternen Auseinandersetzungen in der Historikerzunft über die außerwissenschaftlichen Einflüsse auf die wissenschaftlichen Methoden der Historik. Nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts nahmen insbesondere in der zweiten Nachkriegszeit solche Historikerstreits an Vehemenz und Häufigkeit zu. Mit der geschichtswissenschaftlichen Deutung des Nationalsozialismus und Holocaust verbanden sich Mitte der 1980er Jahre der von Ernst Nolte ausgelöste "Historikerstreit" und Mitte der 1990er Jahre eine von Daniel Goldhagen provozierte "Debatte".

Ein Jahrzehnt später sorgt der Historiker Götz Aly für Zündstoff mit seiner These über "Hitlers Volksstaat". Ungeachtet ihres Verlaufs in der Fachwelt und breiten Öffentlichkeit verdeutlicht die Geschichte solcher Historiker-Debatten wie überhaupt die Geschichte der Geschichtsschreibung ein wesentliches Merkmal von Geschichtswissenschaft: die Zeitgebundenheit ihrer Interessen und die Verwurzelung ihrer Fragestellungen in der jeweiligen Gesellschaft oder Hemisphäre.

Die folgende Auswahl dokumentiert exemplarisch, wie Historiker in unterschiedlichen Phasen der Menschheitsgeschichte immer wieder neue und andere Fragen an die Vergangenheit stellten und damit immer wieder neue Geschichte(n) schrieben.


Herodot, 484-425 v. Chr.
Thukydides, 460-400 v. Chr.
Gaius Julius Caesar, 100-44 v. Chr.
Cornelius Tacitus, 55-125 n. Chr.
Sima Guang, 1019-1086
Otto von Freising, 1112-1158
Edward Gibbon, 1737-1794
Leopold von Ranke, 1795-1886
Johann Gustav Bernhard Droysen, 1808-1884
Heinrich Karl Ludolf von Sybel, 1817-1895
Theodor Mommsen, 1817-1903
Ferdinand Gregorovius, 1821-1891
Heinrich Gotthard von Treitschke, 1834-1896
Franz Mehring, 1846-1919
Karl Lamprecht, 1856-1915
Friedrich Meinecke, 1862-1954
Benedetto Croce, 1866-1952
Marc Bloch, 1886-1944
Sebastian Haffner, 1907-1999
Golo Mann, 1909-1994
Eric J. Hobsbawm, 1917
Ernst Nolte, 1923
Joachim Fest, 1926
Thomas Nipperdey, 1927-1992
Hayden White, 1928
Wolfgang J. Mommsen, 1930-2004
Hans Mommsen, 1930
Hans-Ulrich Wehler, 1931
Arnulf Baring, 1932
Simon Wiesenthal (1908-2005)